Junge Leute und die Arbeit
Derzeit ist die Einstellung der so gannnten "Generation Z" zur Arbeit häufiges Thema in den Medien: Abwegig hohe Gehaltsvorstellungen, geringe Leistungsbereitschaft, Ablehnung eines 8-Stunden-Arbeitstages, mangelnder Respekt, Kritikunfähigkeit und schlechte Umgangsformen. Die Suche nach Anerkennung und Wertschätzung, das Streben nach Spaß, Freizeit und Work-Life-Ballance, eine wenig ausgeprägte Bindung an nur den einen bestimmten Job. Eine lückenhafte Allgemeinbildung, aber vor allem mangelnde Kenntnisse z.B. in Deutsch und Mathematik machen bei gleichzeitigem Mangel an Fachkräften viele Arbeitgeber ratlos.
Wenn es sich nur um eine Interessenkollision zwischen Arbeitgebern und einer neuen Generation von Arbeitnehmern handeln würde, dann könnte ich mir ja als eher Unbeteiligter schadenfroh ins Fäustchen lachen.
Aber so ist es nicht. Denn egal, was am Ende dabei herauskommen wird, die Zeche dafür werden wir alle zahlen müssen. Und das ganz unabhängig davon, ob wir der Idee der Solidargemeinschaft noch hochhalten oder ob manche von uns noch nicht einmal mehr wissen, was damit gemeint ist (auch, weil sie viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind.) Die Vorstellungen und Forderungen angehender Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mögen großenteils überzogen, naiv und realitätsfern erscheinen. Und ihre zum Teil maßlose Selbstüberschätzung, ihre fehlende Einsatzbereitschaft und ihre Empfindsamkeit können einen manchmal geradezu fassungslos machen.
Andererseits
schwingen sie sich dabei nur auf ein ähnlich hohes Ross wie das, auf
dem viele Arbeitgeber traditionell seit Jahrzehnten sitzen. Die Jungen
zeigen selbstbewusst, dass Anspruchsdenken keine Einbahnstraße sein muss. Schließlich
sind auch die wenigsten Arbeitgeber selbstlose Wohltäter der Menschheit,
die sich übermäßig um das Lebensglück ihrer Beschäftigten sorgen und
sich ihrer Mitverantwortung dafür bewusst sind.
Die Entscheidung für Beruf und Arbeitgeber stellt eine der wichtigen Weichenstellungen und Wegmarken im Leben dar. Und genauso wie im Bereich der Politik sollte dieser Wahl eine desto sorgfältigere Prüfung vorausgehen, je mehr es um eine Entscheidung fürs Leben geht. In der Vergangenheit arbeiteten Menschen oft ein Leben lang für die selbe Firma, die so deren Wohl und Wehe über Jahrzehnte bestimmte.
In der Politik nennt man das "Durchregieren". Dieses aber bleibt den Parteien oft verwehrt, wenn die Realität am Ende einer Wahlperiode nicht den hoch gesteckten Versprechungen und Erwartungen vor der Wahl entspricht. Ein der Abwanderung von Wählern vergleichbares Phänomen sich enttäuscht abwendender Arbeitnehmer mussten die meisten Arbeitgeber bislang aus allerlei Gründen nicht befürchten. Bedingt durch wirtschaftliche Abhängigkeit, fortschreitendes Alter und damit schwindende Chancen auf dem Arbeitsmarkt, fällt es schwerer, den Arbeitgeber oder gar den Beruf zu wechseln, als die Präferenz einer politischen Partei. Und Arbeitgeber mussten sich bisher nicht im selben Maße dem Urteil ihrer Beschäftigten stellen oder gar beugen, wie Parteien und Amtsträger ihren Wählern.
Wenn im Wege einer demokratischen Wahl zu Recht "alle Macht vom Volke" ausgeht, so scheint es nur legitim, dass auch auf dem Arbeitsmarkt eine gewisse Macht von den Arbeitenden und Arbeit Suchenden ausgeht. Daher sollten sich diese ihre Entscheidung nicht zu leicht machen und vielmehr selbstbewusst ihre Ansprüche geltend machen. Oft scheint es aber wahrscheinlicher, von einem Extrem ins andere zu fallen, als den berühmten "goldenen Mittelweg" zu finden, den beide Seiten gehen können. Wenn Arbeitgeber von Arbeitsgerichten abgesegnete Vorgaben etwa zur Kleiderordnung, zum Essen, zur Beleuchtung oder zum Radio hören am Arbeitsplatz machen können, so dürfen angehende Arbeitnehmer wohl mit gleichem Recht ihre Vorstellungen von ihrem Wunscharbeitsplatz formulieren dürfen.
Ich
persönlich habe Vorgesetzte immer als Autoritäten empfunden und Respekt vor
ihnen gehabt. Vorgesetzte wurden gesiezt. Sie zu kritisieren, ihnen
offen zu widersprechen, Anweisungen zu hinterfragen oder ihnen
zuwiderzuhandeln, das habe ich nicht gewagt, schon gar nicht während der
Ausbildung. Ein autoritärer Führungsstil war oft gang und gäbe. Sich
dagegen zur Wehr zu setzen, ohne Retourkutschen oder andere Nachteile
befürchten zu müssen, schien nahezu unmöglich. Ein durch
Obrigkeitsdenken geprägtes Betriebsklima nützt niemandem. Auch die Scherze, die traditionell in vielen Branchen noch immer mit Auszubildenden getrieben werden, tragen nicht gerade zu einer Begegnung auf Augenhöhe
bei, zumindest so lange nicht, wie es nicht auch den Auszubildenden zugestanden wird, sich ihrerseits mit entsprechenden Späßen zu
revanchieren. Wenn ein Betrieb funktionieren soll, kann die Alternative aber auch nicht sein, dass
Beschäftigte sich gar nichts mehr sagen lassen, bei jeder Kleinigkeit beleidigt sind, die Arbeitsgerichte bemühen oder gar kündigen.