Vor der Wahl (II)
Völlig unabhängig von bestimmten Themenbereichen und ganz konkreten kontrovers diskutierten Sachverhalten scheinen bestimmte Grundhaltungen derzeit vor allem durch die Art und Weise, in der sie vorgetragen werden, zu Tage zu treten und sich auszubreiten.
Es geht um eine Mentalität, Gesinnung, die gekennzeichnet ist durch Aggressivität, Rechthaberei, dem Nichtertragen von Widerspruch, durch Polemik, Pöbeleien, Häme und Drohungen. Die Frustrationstoleranz ist niedrig, das Aggressionspotenzial hoch, die Fähigkeit zum Konsens und die Bereitschaft zum Kompromiss sind kaum noch gegeben.
Tendenziell wird dem Recht des Stärkeren und auch der Anwendung von Gewalt das Wort geredet. Es herrscht ein Geist nicht des gleichberechtigten Wettbewerbs, sondern der Feindseligkeit, Verächtlichmachung, Abschottung und Ausgrenzung.
Ton und Umgang miteinander werden aggressiv und unzivilisiert. Grundpfeiler von Anstand, Recht und Ordnung, staatliche Institutionen und Rechtsprechung werden offen angefeindet und infrage gestellt. Breiter Konsens wird diskreditiert, Minderheitenmeinungen dagegen ungeprüft zur Wahrheit erhoben.
Menschen dieses Typs sehen Begriffe wie Menschenwürde, Menschenrechte, Mitmenschlichkeit und Empathie als reine Floskeln, als leere Worthülsen, die sie selbst auch nicht mit Inhalten zu füllen vermögen. Das hält sie allerdings im Zweifel nicht davon ab, sie zu eigenen Zwecken zu instrumentalisieren.
Auch Begriffe wie z.B. Gelassenheit, Harmonie, Lebensfreude, Freundlichkeit, Sympathie oder Fröhlichkeit scheinen ihnen – zu ihrem eigenen Nachteil – nicht wirklich zugänglich zu sein. Diese werden von ihnen abschätzig eher in die Nähe von Naivität, Schwäche und Weltfremdheit gerückt.
Man muss diese Leute nicht mögen, man muss nicht ihre Nähe suchen und ihre Ansichten teilen. Und wählen muss man sie auch nicht.