Stagnatius will nicht

Ein Plädoyer für die Ruhe


Da fährt er nun nach 40 Jahren einigermaßen lädiert in seinen Heimathafen ein, genauer gesagt: mit etlichen Trümmerbrüchen, und zwar nicht bloß am Mast.

Die Hetzjagd hat ein Ende. Bis zur letzten Sekunde haben sie nicht locker gelassen.

Die, die ständig irgendetwas von einem wollen, vor allem, dass man selbst unentwegt etwas wollen soll, Ziele haben soll, irgendwohin wollen soll, "wachsen" soll, gefälligst seine Persönlichkeit weiter entwickeln soll. Diese rastlosen Seefahrer ohne festen Wohnsitz, diese ungeduldigen Bevormunder und Drängler. Unruhige, eingebildete Quälgeister, von Ehrgeiz zerfressene, karrieregeile Klugscheißer, dauernd unterwegs, belehrend, selbsternannte Coaches. Die Beschaulichkeit eines Hafens finden sie unattraktiv und langweilig. Sie ziehen es vor, sich tagtäglich mit großem Eifer und vollem Einsatz ins Getümmel zu stürzen, um sich aus demselben eitel hervorzutun. Dafür schlagen sie sich doppelt und dreifach, besitzen mehrere Hamsterräder gleichzeitig, geben damit an und verachten in ihrem Lauf diejenigen, die ihrem Beispiel nicht folgen. Sie sagen "Wer rastet, der rostet" und für jemanden, der lebt, um zu glänzen, ist Rost buchstäblich ein absolutes Nogo. Und alles nur, um am Ende doch wie alle anderen in Holzkiste oder Urne die Ewigkeit zu verbringen. Nur, dass sie größere, schwerere, kunstvollere, kurz: teuerere Grabsteine haben, weil ihre Erben es sich leisten können, und weil nur auf große Grabsteine all ihre Verdienste passen. Direkt aus dem Porsche auf den Prominentenfriedhof, quasi von der Überholspur auf den Standstreifen. (Aber dort bleiben sie ja liegen, es ist also eigentlich ein Liegestreifen.) Sie ruhen so lange nicht in sich selbst, bis sie in etwas anderem ruhen.

Ruhe ist die erste Bürgerpflicht. Wenigstens die Toten haben es kapiert. Und die Störung der Totenruhe ist nicht umsonst ein Straftatbestand.