Ruhestand - Freiheit - Glück - Gestalten



Seit gut sieben Wochen befinde ich mich im Vorruhestand.

Es geht mir gut damit. Ich weiß mich zu beschäftigen.

Die neu gewonnene Freiheit weiß ich zu schätzen und ich genieße sie.

Gleichzeitig macht sie mir erschreckend bewusst, wie unfrei ich vorher über Jahrzehnte war.

Keine Leere, keine Langeweile, kein "schwarzes Loch", kein Gefühl des Abgehängt oder ausrangiert seins, kein nagendes Bedürfnis, gebraucht zu werden.

Allenfalls Bedauern über zuvor verlorene, kostbare Zeit.

Der Bestimmer bin jetzt ich, nun kann ich meine Zeit frei einteilen und gestalten. Nach dem zu forschen, was einen interessiert, was einem Freude macht und dem ungehindert nachgehen zu können, ist etwas, was einem im normalen Arbeitsleben abtrainiert wird, worin man langsam, aber sicher aus der Übung kommt. 

Bei manchen funktioniert das derart gründlich, dass sie im Ruhestand nichts mit sich anzufangen wissen. 

Wie schön und wie erfüllend wäre ein Arbeitsleben, in dem man jeden Tag das Gefühl hätte, genau das zu tun, worauf man gerade Lust hat? Eine Utopie und naive Träumerei? Wie einst der Traum vom Fliegen? Oder ist die Tatsache, dass es eben nicht so ist und so realitätsfern und illusorisch scheint, ein Hinweis auf das Unvermögen des Menschen, sein Leben genauso zu organisieren? 

Im Königreich Bhutan ist das "Bruttonationalglück" definiertes Staatsziel. Im Rest der vom Geld regierten Welt ist es dagegen so sehr das Bruttonationaleinkommen, dass das Streben nach Glück als politisches Ziel als geradezu spinnert und absurd erscheinen mag. Und dementsprechend sieht es in der Welt aus. Die Bedingungen für eine florierende Wirtschaft, für funktionierenden Handel, Geldfluss und Wachstum sind Gegenstand von nobelpreisverdächtigen Forschungsarbeiten, die für die Bedingungen des Glücks nicht so sehr. Und was einem zu hoch ist, das wird gerne belächelt. Die auch daraus resultierende Verbreitung psychischer Erkrankungen wird erst dann wahrgenommen, wenn sie Geld kostet und wirtschaftlichen Schaden anrichtet. Vorher nicht. Erst bauen wir einen Brunnen, dann bauen wir eine Arena drumherum und schauen dann erstmal seelenruhig und ungerührt zu, wie das Kind hineinfällt. Dieses erstaunliche Ereignis trifft uns dann völlig unerwartet. 

Der Mensch als Krone der Schöpfung: Einer, der auf der Autobahn unbedingt der Schnellste sein und alle hinter sich lassen muss oder alles daran setzt, den Mars zu erreichen. Einer, der grölend im Stadion sitzt. Einer, der nach Geltung, Macht und Reichtum strebt und dabei innerlich verarmt. Wir sind in so vielem immer noch die alten Neandertaler. Dass viel Geld z.B. in die Entwicklung von Robotern investiert wird, die auf einem Bein hüpfen können, wird nicht veralbert. Das Streben nach Glück schon. 

Na dann, viel Spaß noch im High-Tech-Hamsterrad!