Melancholische Melange
Samstagmorgen. Wochenende. Hamsterrad-Pause.
Der Tag bricht mit einer ganz eigenartigen Vielzahl von Gedanken und Mischung von Gefühlen über mich herein, ganz eigen in meiner Art. Eigentlich stehe ich noch unter dem Eindruck eines vergnüglichen Comedy-Abends mit Herbert Knebels Affentheater in Gummersbach. Es ist spät geworden, ich komme erst gegen halb 1 ins Bett, für meine Verhältnisse ungewohnt spät. Für den heutigen Morgen hat sich die Friseurin angekündigt, ich muss also relativ früh raus aus dem Bett.
Im Radio spielt "Always On My Mind" von den Pet Shop Boys, während ich die Kerzen vor dem Bild meiner verstorbenen Frau entzünde. Ja, das stimmt, ich will und muss immerzu an sie denken. Sie fehlt mir.
Am Abend zuvor ist mir in der Pause zunächst entgangen, dass das Getümmel vor der Getränketheke daher rührt, dass dort Besucher in mehreren Reihen anstehen. Bis ich dran wäre, wäre die Pause zuende. Also gebe ich mein Vorhaben auf und stecke mein Portemonnaie wieder ein. Trotzdem ernte ich den komischen Blick einer der Anstehenden. Das ärgert mich, auch heute Morgen noch.
Im
Netz ist mir das Video eines Gurus begegnet, der für die
Abkehr von dem Wunsch plädiert, etwas Besonderes (someone special)
sein und sich damit letzten Endes über andere erheben zu wollen,
etwas Besseres sein zu wollen. Nicht leicht in einer Welt, in der
Erfolg, Status, Macht, Ehrgeiz, Ruhm, Einfluss, Prestige und ein
allgegenwärtiger Wettbewerb und Konkurrenzkampf zählen, wo
unentwegt erbarmungslose Jurys ihre Täfelchen heben und mit
vernichtenden Urteilen eine brutale Auslese propagieren, sogar schon
als Unterhaltungsprogramm. Neuzeitliche Gladiatorenkämpfe. Da fällt
ein Bekenntnis zu Durchschnittlichkeit und Mittelmaß schwer. Warum
kann man nicht einfach sein, wie man ist, normal und unauffällig? Der Anspruch, mich mit irgend etwas hervortun zu sollen, Ambition, Initiative und Leistungsbereitschaft an den Tag legen zu sollen, setzt mich unter Druck.
Ich kenne das und ertappe mich selbst dabei, völlig unnötig irgend
etwas Spektakuläres "reißen" zu wollen, meine
Individualität beweisen zu müssen. Dazu habe ich keine Lust. Dazu fehlt mir der Antrieb.
Ich bin müde, und der vergangene Abend rückt schon fast wieder in den Hintergrund. Er war lustig, ich bin es nicht.