Mainstream


Bestimmte Begrifflichkeiten waren früher weniger geläufig. Das Wort "Option" z.B. habe ich erstmals aus dem Mund von Willy Brandt gehört. Auch "Vernetzung", "Nachhaltigkeit" und "Narrativ" liest und hört man heute häufiger als früher.

Etwas, was heutzutage in viele europäische Sprachen jenseits des Englischen Eingang gefunden hat, ist der Mainstream.

Und der hat meiner Meinung nach - wie so vieles - durchaus zwei Seiten.

Zu sein wie viele andere Mitmenschen, generiert zum einen eine gewisse Bestätigung, ein Gefühl von Normalität, Solidarität, Zugehörigkeit und Akzeptanz. In Zeiten, in denen die in der deutschen Nationalhymne postulierte Einigkeit auch noch Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung in Gefahr zu sein scheint und immer wieder die Spaltung der Gesellschaft beklagt wird, da tun Bereiche, in denen der Mainstream regiert, manchmal geradezu gut. Der allgemeine Wunsch, mit anderen Gemeinsamkeiten haben zu wollen, ist selbst wünschenswert, wenn wir uns nicht auf Biegen und Brechen in purem Individualismus verlieren und uns partout von anderen unterscheiden wollen. Einigkeit tut gut und macht stark.

Andererseits wollen und müssen wir uns weder innerliche noch äußerliche Uniformität aufzwingen lassen. Trotz Schwarmintelligenz muss man nicht immer mit jedem Strom schwimmen. Irgendwie fühlt es sich auch gar nicht schlecht an, wenn die Zahl meiner Follower in sozialen Netzwerken sehr überschaubar bleibt. Was ich so von mir gebe und es dafür für wert halte muss niemandem gefallen. Politik, Sport, Wissenschaft, Kunst und allerlei sonstige nüchterne Sach- oder gar Streitthemen sollen andere diskutieren und damit viele Anhänger und Gegner anziehen. Das beeindruckt mich nicht. Wenn ich die Macht so genannter Influencer bedenke oder den Hype um den Kardashian-Clan, dann bekommt auch für mich der Mainstream einen unangenehmen Beigeschmack.