Jubiläum
Warum braucht man Jahrestage für Ereignisse, an die man eine Woche zuvor noch nicht oder eine Woche später schon nicht mehr denkt oder jedenfalls nicht mehr mit derselben Intensität?
(Am häufigsten kommt dieser Gedanke seltsamerweise an Muttertag auf.)
Vielleicht machen jahreszeitliche Bedingungen das Erinnern leichter, die am Gedenktag in etwa so sind, wie jener Jahre zurück liegende Tag, dessen man gedenkt. Vielleicht ist es auch in einer schnelllebigen Zeit und einem hektischen Alltag einfacher, an einem ganz bestimmten Tag auf ein zurück liegendes Ereignis und die Erinnerung daran zu fokussieren.
Aber manchmal wirkt es geradezu grotesk, wenn einem z.B. bei einem Dienstjubiläum plötzlich und unerwartet warme Worte und Lobeshymnen zu Ohren kommen, die man sich an zahlreichen trostlosen Tagen eines oft zermürbenden Arbeitsalltags so manches Mal gewünscht hätte, und das aus dem Munde von Vorgesetzten, die man entweder nur zu besonderen Anlässen überhaupt zu Gesicht bekommt oder denen man nie im Leben die Fähigkeit und Bereitschaft zu einer solchen Anerkennung zugetraut hätte.
Ich kann auch nicht sagen, dass ich an einem Todestag mehr oder weniger trauere, als in den Tagen, Wochen und Monaten davor oder danach. Das besondere Erinnern kann auch besonders schmerzhaft sein.
Es gibt genug Menschen, die ab einem bestimmten Alter keine Lust mehr haben, ihren Geburtstag zu feiern. Sie möchten nicht ans Älterwerden erinnert werden und haben schon alles, möchten also nicht mit nutzlosen Verlegenheitsgeschenken überhäuft werden.
Jahrestage halten auch nicht unbedingt eine Erinnerung wach. Bestes Beispiel sind kirchliche Feiertage. Inzwischen wissen viele Menschen gar nicht mehr, was da geschehen ist und woran da erinnert wird. Es gibt schon Eltern, die es ihren Kindern nicht erklären können, weil sie es selbst nicht wissen.
Ich kann, will und werde Jahrestage nicht abschaffen. Aber fragwürdig finde ich sei manchmal schon.