Entfremdung
Das Eintauchen in digitale Welten kann interessant sein und Spaß machen.
Es kann ein Raum für Kreativität sein.
Es kann aber auch von der realen Welt entfremden mit teils dramatischer Konsequenz nicht nur im Schienen- und Straßenverkehr.
Das Digitale lenkt uns ab, ent- und verführt uns, beansprucht unsere Aufmerksamkeit und Zeit, zieht uns in seinen Bann und nimmt uns gefangen. Es berieselt und betäubt uns, wiegelt uns auf, überflutet und überfordert uns, führt uns in gänzlich überflüssige Abhängigkeit.
Über Display und Bildschirm lassen wir uns vom Leben der Anderen beeinflussen und von falschen Vorbildern lenken, bis wir vergessen, dass wir auch ein eigenes haben mit unseren eigenen Gestaltungswünschen und -möglichkeiten.
Eigene Ideen zu entwickeln und umzusetzen, ganz real und praktisch und ganz unmittelbar greif- und erfahrbar, fühlt sich gut an.
Ich bin aktiver als früher. Ich bin wieder mehr Herr meiner selbst. Und das nicht allein, weil mir neue Aufgaben zugefallen sind, um die sich früher meine Frau kümmerte.
Es gibt zwei Arten von Arbeit. Die selbstbestimmte, die wir gar nicht so sehr als solche wahrnehmen und die - einmal getan - zu einer wahrnehmbaren Veränderung, Verbesserung, zu einem Erfolg führt und uns zufrieden macht. Und die, die uns von außen aufgedrückt und abverlangt wird, und uns Tag für Tag ein Gefühl von trostloser Monotonie und irrelevanter, unnützer Anstrengung ohne Gewinn, Fortschritt und innerer Befriedigung gibt. Eine Arbeit, die das Aufkommen des Bildes vom Hamsterrad provoziert, vom täglichen Einerlei und auf der Stelle laufen. Man muss kein Marxist sein, um zu erkennen, dass es so etwas wie Entfremdung von der Arbeit tatsächlich gibt.
Eine Gartenarbeit, die ich mir selbst auferlege, kann anstrengender sein als ein Tag am Schreibtisch, aber eben auch ungleich befriedigender, und zwar auch ohne in Aussicht gestellte Entlohnung. So gesehen, sind Lohn und Gehalt nur eine Art kümmerlicher Schadensersatz, Entschädigung für Entgangenes.
Eng begrenzte Freiheit macht das Leben zu einem Staccato, wie ein Karussell, das Spaß verspricht, aber nach einer Vierteldrehung schon wieder still steht.
Ich erkenne Veränderungen an mir, ob das "Wachstum" ist, wie einige das nennen und es für erstrebenswert halten, weiß ich nicht.
Es gab ein Leben, das ich ungewollt hinter mir lassen musste. Und es gibt Menschen und Dinge, die mir nicht gut tun und die ich hinter mir gelassen habe, hinter mir lassen will und werde. So, wie es Menschen und Dinge gibt, die mir gut tun und die ich in meinem Leben haben will. Das bestimmen zu können, ist ein Geschenk, für das ich dankbar bin, das ist Freiheit.