Ela


Meine Frau ist tot.

Sie hieß Manuela, ich nannte sie Ela.

Wir waren 32 Jahre zusammen.

Sie erlitt am 29.06.2022 gegen 19.00 Uhr eine Hirnblutung und mehrere Schlaganfälle. Danach ist sie nicht wieder zu Bewusstsein gekommen. Sie starb in den frühen Morgenstunden des 10.10.2022 im Alter von 53 Jahren.

Im Nachhinein dieses anfänglich leichte Taumeln am Tag der Anfälle als den Anfang vom Ende erkennen zu müssen, der uns unvermittelt ereilte ...

Über Monate hinweg von der eigenen Hoffnung zum Narren gehalten worden zu sein, vergeblich gehofft zu haben ...

Nachts den Anruf zu bekommen, dass die Frau, die man liebt und die man tags zuvor noch besucht hat, kurz zuvor verstorben ist ....

Den Namen seiner Frau in den Todesanzeigen lesen zu müssen ...

Eine Urne und einen Grabstein für seine Frau aussuchen zu müssen ...

Schließlich die Sterbeurkunde meiner Frau in der Hand zu halten ...

Allein zu bleiben, nur noch mit Erinnerungen, Fotos, Notizen in ihrer Handschrift, mit ihrer Kleidung, mit der Leere und Stille ...

Das alles fühlt sich so beschissen an.

Aber gehört das in einen öffentlichen Post, Tweet oder wie immer man elektronische Verlautbarungen nennen mag? Oder wäre es sogar falsch, das auf persönlichen Seiten mit keinem Wort zu erwähnen und dadurch womöglich ungewollt den Eindruck zu erwecken, meine Frau und ihr Tod seien eine Erwähnung nicht wert und meine Selbstdarstellung sei mir wichtiger?

Ich kann frei darüber bestimmen, was ich - wo auch immer - über mich preisgebe. Aber so gerne ich hier auch z.B. Bilder von Ela zeigen würde, weil Bilder mehr sagen als Worte, wäre Ela damit einverstanden? Wäre ihr das recht? Ich kann sie nicht mehr fragen.

Auch wenn ich mit ziemlicher Sicherheit annehmen kann, dass sich ohnehin nur Menschen hierher verirren, die Ela kannten oder die mich kennen, warum sollen fremde Menschen ohne Elas Einverständnis Bilder von ihr sehen können? Im überschaubaren Kreis einer Trauerfeier ist das noch etwas anderes, aber hier?

Ob ich auf die Meinung meiner Mitmenschen etwas gebe, das wechselt. Einerseits ist mir oft egal, was andere denken, andererseits bin ich misstrauisch und stelle mir vor, wie manches gedeutet werden könnte.

Ela, ich liebe Dich und ich denke an Dich, und deshalb hast Du es verdient, auch hier erwähnt zu werden. Als ich in Deinem Krankenzimmer das "Ohne Dich ist alles doof"-Poster aufgehängt habe, wusste ich noch nicht, wie doof es wirklich ist. Ohne Dich ist alles nichts.

Doch wie singt Herbert Grönemeyer in seinem Lied "Der Weg":

Ich gehe nicht weg
Hab′ meine Frist verlängert
Neue Zeitreise
Offene Welt
Habe dich sicher
In meiner Seele
Ich trag' dich bei mir
Bis der Vorhang fällt
Ich trag′ dich bei mir
Bis der Vorhang fällt


Ja, ich trag' Dich bei mir bis der Vorhang fällt.