Ein altes Zirkuspferd geht

25./26.11.2023

Das soll sie nun also gewesen sein, die letzte Ausgabe von "Wetten, dass ..", zumindest mit diesem Showmaster. Thomas Gottschalk führte ein letztes Mal gewohnt routiniert, souverän, eloquent und hier und da ein bisschen schnoddrig, aber auch mal ungewohnt einfühlsam-"erdverbunden" durch die Sendung.

Illustre Gäste und interessante Wetten trugen zum Gelingen des Abends bei.

Große Bühne, große Halle, großes Publikum. Ein Großereignis, aber eine Show, Kurzweil, nostalgischer Abgesang auf das, was am Anfang mal neu und interessant war und jetzt als langweilig und überholt gilt. Eine für viele liebgewonnene Institution, willkommene Ablenkung und Unterhaltung, mehr denn je von Millionen herbeigesehnt und dankend angenommen in einer Zeit, in der Weltgeschehen und persönlicher Alltag wenig Anlass zur Freude geben und meist so gar nicht unterhaltsam sind.

Auf der Couch eine Reihe extrovertierter Prominenter, die großes Publikum gewohnt sind und sich locker zeigen im Umgang mit eben diesem und mit ihresgleichen. Eine Cher mit geradezu menschlichen Zügen. Ich erinnere mich noch an ihre kühle Arroganz, als sie vor Jahren neben Jürgen von der Lippe saß. Wie ausgewechselt gab sie sich nun, die auch nicht mehr ganz Junge.

Jung, aber künstlich und anscheinend in den Schminktopf gefallen eine Shirin David im Schlepptau von Helene Fischer. Wieder Name und Gesicht eines "Influencers" (einer "Influencerin"), die ich mir beide nicht werde merken müssen, können und wollen. Ganz anders dagegen eine Stefanie Stappenbeck, zwar älter, aber dennoch mit einer liebenswert-attraktiven, natürlich wirkenden Ausstrahlung jugendlich-unbeschwerter Fröhlichkeit. Ein Gesicht, in das man gerne schaut, obwohl ich - zugegeben - manchmal anderweitig abgelenkt war. (Ist das eigentlich so in Ordnung, darf das sein, ist es gar gewollt oder doch sexistisch? Muss man sich da schäbig fühlen und sollte seine Eindrücke lieber für sich behalten? - Aufhorchen ließ übrigens Gottschalks Bekenntnis, er spräche mittlerweile privat anders, als in der Öffentlichkeit. Ich kann mir schon denken, worum es da unter anderem geht. Die "vorgehaltene Hand" kommt wieder in Mode.) Ein Völkchen für sich, allesamt, wie sie da saßen, in ihrer ganz eigenen, der fröhlichen Volksbelustigung geweihten Welt, der gesichtslosen Masse enthoben, in exponierter Stellung, solange die Gunst des Publikums ihnen hold ist.

Und doch habe ich Zweifel, ob nicht so manches an eben jenes Publikum gerichtete Dankeswort (wie auch das des scheidenden Hauptakteurs) ein Lippenbekenntnis ist insofern, als es sich eben immer nur an eine namen- und gesichtslose Masse wendet. Allzuoft hat man erfahren, dass namhafte Künstlerinnen und Künstler mit einzelnen Vertretern und Vertreterinnen eben dieses ihres Publikums, mit Fans also, von denen sie teils mit großer Inbrunst verehrt werden, zuweilen recht herablassend und ruppig umgehen.

Manche/r lässt sich gerne feiern, genießt den Ruhm, zelebriert auf der Bühne die imaginäre Rundum-Umarmung des angeblich ach so geliebten Publikums, aber in der persönlichen Begegnung mit Einzelnen davon zeigt sich eine oft ganz andere Haltung und ein eher hässliches Gesicht des Ruhms.

Nun, eine Show bleibt eben eine Show, eine Gaukelei, die mit der Realität wenig zu tun hat und wenig zu tun haben soll, weil sie sonst ihre Daseinsberechtigung und ihre Anziehungskraft verliert. 

Qualität verabschiedet sich. Ob irgendwann etwas Vergleichbares, Neues kommen wird? Ich habe da meine wehmütigen Zweifel.